Die Familien Wochele und Maiter

Zur Aidlinger Familiengeschichte
 
Die Familie Wochele gehört zu den ältesten in Aidlingen; sie ist mindestens seit 460 Jahren urkundlich nachweisbar. Der Name scheint für Aidlingen eigentümlich, d. h. daß wohl alle heutigen Träger des Namens Wochele oder in ähnlicher Form von Aidlingen abstammen. Die älteste Form des Namens Wochenlon zeigt noch seine ursprüngliche Bedeutung: als gewisses Gegenstück zum Taglöhner bezeichnete Wochenlon den, der nach der Woche seinen Lohn bezahlt bekam oder auch eine Woche Frondienste leisten mußte.

Im Lagerbuch 1495 kommen vor Laurentzi und Agnes Wochenlon; letztere war ent-
weder ledig oder Witwe. Die Tatsache, daß 1523 nur ein Hans Wochenllen erwähnt wird, daß also in diesen ersten Jahrzehnten nur wenige Familien erscheinen, könnte darauf hindeuten, daß die Familie erst vor kurzem zugezogen war. Allerdings haben Seuchen und Hunger damals mitunter verheerend gewirkt, und obwohl 1558, bei Beginn der hiesigen Kirchenbücher, mindestens 5 Familien dieses Namens vorhan-
den waren, nämlich die des Jakob bzw. seines Sohnes Michel, Hans, Jörg, Bastian und Peter, hat die Linie des Letzteren in Aidlingen selber den Dreißigjährigen Krieg überstanden; im Jahr 1610 ist z. B. ein Schäfer Wochelin mit 5 Kindern der Pest zum Opfer gefallen. Von den ausgestorbenen Zweigen ist uns der Beruf Schneiders und der des Müllers bezeugt (1626-1635) ein Andreas Wochelon  als Furtmüller, sein Sohn Lienhart 1638 (Brittermüller); auch Knappen (Zeugmacher) und Schäfer finden sich. Auffallend ist, daß die Wochele aller Zweige vor dem Dreißigjährigen Krieg ihre Frauen meist auswärts holen; so finden wir bei Ihnen die Namen Doll, Remolt und Schwenck von Mönchberg, Wan und Holzhauer aus Kayh, weiter von Hausen/Würm, Schafhausen, Sindelfingen, Holzgerlingen, Ehningen, Dachtel, Nufringen Kuppingen, ja sogar Pfalzgrafenweiler.

Der Stammvater aller späteren Wochelen, Wochelin und Wochele scheint Peter Wochelon zu sein, der dem Rat angehörte; er war dreimal verheiretet und ist 1594 gestorben. Seine Söhne und Enkel treten wiederholt in öffentlichen Diensten in Erscheinung. So finden wir den Sohn dritter Ehe, den 1575 geborenen Peter, später in der Heimat seiner Mutter in Kayh als Schulmeister.

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kam durch seine zweite Heirat nach Deckenpfronn und war später Schultheiß dort. Der Weber jung Hans Wochelin (1586-1655), derseine beiden Frauen aus Kuppingen und Dachtel geholt hatte, wird als Bürgermeister und 1635 auch als Schultheiß be-
zeugt. Durch 4 Söhne, die den großen Krieg mit seinen Verheerungen und Schrecken überstanden haben und sich wenigstens in weiblicher Linie bis heute fortpflanzten, hat er den Bestand der Familie in Aidlingen und Umgebung gesichert. Der jüngste Sohn Georg ergriff den Beruf des Pfarrers, den er insgesamt 38 Jahre ausübte; sein älterer Bruder Peter war Schulmeister im Heimatort, und Hans war mit der Enkelin des hiesigen Pfarrers Herrenberger verheiratet - also ganz auffallende Verbindungen zu geistigen Berufen. Wir wollen uns mit diesen einzelnen Nachfahrenlinien jetzt näher befassen.

A. Wenn der jüngste Sohn Georg bei seiner Heirat am 18. Oktober 1636 mit der Schulmeistertochter Katharina Schütz aus Herrenberg mit noch nicht 24 Jahren offenbar schon wohlbestallter Pfarrer in Deufringen ist, so ist diese Laufbahn wohl nur mit den großen Lücken im Pfarrdienst zu erklären, die Krieg und Pest gerissen hatten. Nach 12jähriger Wirksamkeit in Deufringen amtet er seit 1648 bis zu seinem Tode  am 6. März 1674 in Gechingen, wo er Ende 1649 auch mit Agnes Mayer von Calw eine zweite Ehe einging. Ein Sohn aus dieser Ehe Johannes Wochele (1664-1739) lebt als Hirschwirt, Zoller und badischer Schaffner in Gechingen, und sein Sohn Johann-Georg (1720-1798) und sein Enkel Georg Achatius (1750-1833) folgen ihm auf dem Hirsch, der dann durch Einheirat 1818 auf die Ziegler übergeht. Zahlreicher erscheint die Nachkommenschaft des ältesten Sohnes des ersten Hirschwirts in Gechingen, nämlich Hans-Jakob (1689-1755); sie hält sich im Mannesstamm bis 1858 in Gechingen, während verschiedene Glieder nach auswärts heiraten, so nach Stammheim, Calw, Neubulach, Altensteig, Schwäb.-Gmünd und Löchgau. In weib-
licher Linie stammen über Pfäffle und Krauß auch die Lehenweiler Heinz-Nachkom-
men (Vetter und Schurer) von diesem Pfarrerstamm ab.

B. Der älteste Bruder des Gechinger Pfarrers - neben den einigen Schwestern, die auch Nachkommen hinterließen (zu diesen gehört z. B. der unlängst verstorbene Dich-
ter Heinrich Lilienfein) - Hans Wochelin (1604-1678), der seit 1627 mit Agnes Haid, der schon erwähnten Enkelin des 1561-1593 in Aidlingen wirkenden Pfarrers Johann Herrenberger verheiratet war, hinterließ nur zwei Töchter, die zur Eheschließung kamen. Die ältere Katharina, geb 1629, hatte aus ihrer ersten Ehe mit Jakob Summ,

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(1664-1709), die 1685 den Müller Philipp Maiter heiratete und damit Stammutter dieser heute in Aidlingen im Absterben begriffenen Familie wurde.

Maiter stammte aus Mittelberg bei Straßburg, und wenn auch diese Stadt erst 1681 französisch wurde, so läßt schon der Name die in der Fmilie noch lebendige "franzö-
sische Herkunft" glaubhaft erscheinen; Maiter  entspricht wohl dem französischen maître, was soviel wie Meister, Lehrer bedeutet. Philipp Maiter ist 1688 als Furtmüller genannt, als Pächter oder Müllerknecht, und der Beruf des Müllers bzw. Bäckers hat sich bei seinen Nachkommen bis in die Gegenwart gehalten. Von seinem gleichnamigen Sohn (1687-1744) haben zwei Enkel die Familie fortgeführt:

I. Der Müllerknecht Johannes (1723-1785) hatte einen Sohn Jakob (1759-1805), dessen Sohn Jakob Friedrich, geb. 1794, im Jahr 1859 zu seinen in Neuffen und Linzenhofen verheirateten Töchtern zog. Ein weiterer Sohn Johannes (1746-1815) hatte eine Tochter Maria Magdalena (1779-1823), die einen Finkenbein aus der Verwandtschaft der Familie Widmaier zum Manne nahm; zu ihren Nachkommen scheinen die Wichtermann zu gehören, die aus Hildrizhausen kommen.
II. Der Bäcker Philipp (1727-1800), der dritte dieses Namens, hate aus zwei Ehen vier Söhne, von denen aber drei als ortsabwesend und verschollen im Kirchenbuch laufen. Nur Philipp der Vierte (1758-1825) führte mit zwei Söhnen die Familie im Ort weiter:

1. Philipp V. (1782-1865), von Beruf Bäcker wie Vater und Großvater, hatte eine Bär zur Frau. Von den Kindern dieser Familie sind neben solchen, die nach Ehningen und Deufringen heirateten, hier hervorzuheben:
a)
Der Bäckermeister Philipp Friedrich (1823-1894) hatte von zwei Ehefrauen Löffle vier Kinder, nämlich die ledige Anna Maria (1866-1920), den Bäcker Philipp Friedrich (1867-1934), Katharine 1871 und Pauline 1876, die beide 1898 in Ernst Wellinger und Gottlob Völlnagel ihre Männer fanden.
b) Ana Maria (1831-1892) war die Mutter des Bäckers David Friedrich Maiter (1857-
1942, "Berliner"), der aus seiner 1887 mit Katharina Barbara Schilling (1867-1939) geschlossene Ehe 9 Kinder heranwachsen sah; der Sohn Friedrich (1892-1916) ist gefallen, während Gottlob, geb. 1888, und Lina 1903 in Sindelfingen leben, Heinrich (1898-1931), war in Kaltental verheiratet, Karl, 1900, führt das Kirchenbuch als Metz-
ger und Wirt in Langensteinbach, während nur Katharine, 1893 (Käthe), mit dem jüng-
sten Bruder Emil, geb. 16.3.1908, noch in Aidlingen auf dem elterlichen Haus an der Straßengabel Obere Straße - Hauptstraße wohnen.
c) Die Kinder des Schneiders Johannes Maiter (1834-1879) sind mit der Mutter, einer geborenen Haug von Ostdorf, nach dem Tod des Vaters nach Stuttgart gezogen; die älteste Tochter Marie hat dort 1881 den aus Lehenweiler stammenden Karl Walz geheiratet.

2. Von den Kindern des Johann Georg (1792-1847) war Sara 1822 mit dem Weber Johannes Hauser (1820-1893) kinderlos verheiratet, Konrad (1823-1890) blieb ledig, und Marie Agnes (1826-1880) hatte eine Tochter Sara 1846, die seit 1872 mit dem Schuhmacher Andreas Secker verheiratet war;aus dieser seiner ersten Ehe stammten der Schuhmacher Gottlob Secker in Illingen und Marie, die früh verstorbene Frau des im ersten Weltkrieg gefallenen Karl Groß, des Bruders der langjährigen Aidlinger Krankenschwester Ernstine.

C. Eine zahlenmäßig schwache, aber doch auch bis zur Gegenwart heranführende Linie der Familie Wochele geht auf den nächstälteren Bruder des Gechinger Pfarrers zurück, den Aidlinger Schulmeister Peter Wochelin (1608-1678), der aus seiner ersten Ehe mit einer Großger aus Dagersheim nur einen Sohn Hans Wilhelm (1634-
1676) mit einer Tochter hatte, von der wir nichts mehr hören. Dagegen entsproßten der zweiten Ehe mit Katharina Beurlin (aus einer von Dätzingen kommenden Familie, die mit den alten Lehen eng verbunden war) mehrere Kinder, wovon die Söhne Samuel und Leonhard (1645-1715) im Ort wieder Kinder hinterließen. Des Letzteren Sohn Hans Lienhard (1683-1746) lebte als Bauer in Aidlingen. Von ihm führt der Stamm über den Taglöhner Leonhard (1724-1755) zu dem Maurer Thomas (1749-
1796) mit zwei Töchtern und seinem Bruder Jakob (1751-1809), seines Bruders ein Küfer. Dessen Sohn Johann Georg Wochelen (1792-1876) war Weber und mit einer Butsch verheiratet; von ihren Kindern haben sich eine Tochter nach Rohrau und ein Sohn Johann Georg nach Stuttgart verheiratet, während die Töchter Christine Barbara (1830-1915) mit dem Zimmermann Jakob Wagner  und Sara (1832-1920), seit 1872 mit dem Weber Friedrich Schmid verheiratet waren; der Sohn aus letzterer Ehe lebte als Müller in Scharnhausen, während zwei voreheliche Söhne Johann Jakob,1858 (in Althengstett?), und Johannes, 1861, offenbar ebenfalls nach auswärts gingen.

D. Die stärkste Nachkommenschaft der Wochele in Aidlingen geht auf Jakob Wochelin (1606-1675) zurück, und zwar über seinen Sohn Johannes (1627-1684), der als Knapp bezeichnet ist und eine Christina Eisenhardt von Deufringen zur Frau hatte. Zunächst wollen wir uns den Nachkommen seines ältesten Sohnes Jakob, gest. 1728, zuwenden, ebenfalls Zeugmacher von Beruf, 1697 auch als Ratsverwandter erwähnt. Sein Sterbeeintrag hebt als bemerkenswert hervor, daß er sich "bei die 16 Jahr von der Kirch und dem Gottesdienst separieret" hatte; er scheint darnach ein recht eigen-
williger Kopf gewesen zu sein. Von seiner ersten Ehefrau Maria Stürner hatte er neben zwei Töchtern und einem Sohn Georg Salomo (1684-1746), der ohne Kinder starb, einen weiteren Sohn Hans Jakob (1686-1731), der wie der Bruder den Zeugmacherberuf des Vaters betrieb. seine Frau war eine geborene Naß von Magstadt. von ihren zwei Söhnen hören wir nur von Hans Adam Wochele, Zeugma-
cher (1714-1781), weiteres; seine Frau Agnes Schlepplin schenkte ihn 6 Kinder, 5 Söhne und eine Tochter. Aber nur über einen Sohn führt die Namenslinie weiter; denn die Tochter Marie Agnes, verh. Bürstinger (Vater von Stammheim, Mutter eine gebo-
rene Höhing), übersiedelte 1782 mit ihrer Familie nach Westpreußen, der älteste Bruder Hans Adam (1741-1814) war bresthaft und deshalb unverheiratet, der Schnei-
der Stephan (1746-1815) war wohl zuerst in Asch und dann in Lehenweiler verheiratet, aber offenbar ohne Kinder, und Matthias (1750-1789) hinterließ nur eine ebenso jung verstorbene Tochter Marie Agnes (1776-1801), erste Ehefrau des 1827 nach Lehenweiler gezogenen Jakob Vetter.

Auch in der nächsten Generation sieht es nicht anders aus; denn von den Kindern des Zeugmachers Hans Jakob (1744-1808) mit Dorothea Wackenhut (Mutter eine Löffler) zieht der Sohn Johann Georg 1781 ebenfalls nach Polen oder Westpreußen, und Hans Adam verheiratet sich 1815, 30jährig, nach Magstadt. Dort können wir seine Spuren natürlich verfolgen: er war Schneider von Beruf und hinterließ einen Sohn Hans Jakob (1817-1879), der das gleiche Handwerk ausübte; ein Sohn zweiter Ehe Jakob Friedrich Wochelen (1860-1931) ist unter Hinterlassung einer verheirateten Tochter in Reutlingen gestorben, während der Sohn erster Ehe Georg Friedrich (1847-1884) neben zwei Töchtern auch zwei Söhne hatte: Heinrich Gottlob, gest. 1947 in Weil im Dorf, und Georg Friedrich, 1872, als Schneider ins katholische Hirrlingen verschlagen, von wo zwei Söhne wieder nach Magstadt zurückfanden; der eine, Pius (1894-1944), ist der Vater des Walter Wochelen, 1921, in Magstadt, der andere, Friedrich, 1903, war Berufssoldat und hat eine Tochter. Bemerkenswert ist die Schreibweise Wochelen in dieser Magstadter Linie, neben der dort auch ein Robert Wochele aus Warmbronn vorkommt.

In Aidlingen selber geht es weiter zu dem Bauern Jakob Friedrich (1774-1858), verh. Riethmüller, von dessen Kindern der Sohn Georg 1805 nach Hedelfingen heiratet, während zwei Brüder in Aidlingen bleiben:

1. Der gleichnamige Sohn (1799-1855) war Leineweber von Beruf und mit einer Schneider verehelicht. eine Tochter Sara, 1831, hatte mit Johann Jakob Decker 5 Kinder, die alle in Nachbargemeinden ihren Hausstand gründeten. Der Sohn Johannes Wochelen (1827-1897), ebenfalls Weber, war mit Johanna Stürner verhei-
ratet. Ihre Kinder waren wohl teilweise auswärts; erwähnt seien: Johanna 1850 mit Sohn Friedrich 1884; Barbara1860 bis 1937; Marie Pauline (1866-1930) mit Söhnen Karl Eugen (1892), Friedrich 1901 und Richard Heinrich 1904; Ernestine Pauline 1872 und Luise Karoline 1876

2. Der Schneider Johann Martin Wochele (1801-1875) war mit einer Nüßle verheira-
tet, die mit ihm 3 Kinder aufzog: Johann Jakob 1832 heiratete nach Döffingen, Wilhelm Friedrich (1838-1915) war ledig, und die Tochter Margarete (1836-1918) war die Mutter des Schneiders Wilhelm 1862, seit 1886 mit Katharine Barbara Löffler verheiratet; dieses Paar waren die Eltern von Wilhelm Wochele und 2 Töchtern, die eine im Remstal, die andere mit Ernst Dippon von dort im Heimatort verheiratet.

E. Der jüngere Sohn des Knappen Hans Wochelin und der Christina Eisenhardt war Conrad (1665-1734), Zeugmacher und Gerichtsverwandter. Auch er hat den Beruf weiteren Generationen vererbt. Es geht über Georg Friedrich (1698-1767) verh. Schneider und dessen gleichnamigen Sohn (1737-1807) mit einer Lörcher von Schafhausen, von deren Tochter Dorothea (1764-1834) die Bock abstammen, an die noch das Naturfreundehaus erinert ("Villa" Bock), zu Jakob Friedrich (1767-1832) verh. Butsch, dessen Ehe neben 2 Töchtern, 2 Söhne entsprossen, wovon der Sohn Johannes 1811, Steinhauer, und eine Tochter sich nach Gablenberg, die zweite Tochter nach Oberjesingen verheirateten. So blieb nur der Weber Jakob Friedrich Wochele (1806-1881) am Ort, seit 1831 mit Sara Schmid (1811-1871) im Ehebund, von deren 6 Kindern Jakob Friedrich 1843 im Jahr 1871 nach Dagersheim heiratet, während Johannes (1846-1914) und Michael 1855 mit Frauen von Hildrizhausen und Ostelsheim offenbar nur zeitweise im Heimatort leben, aber doch wohl keine Nach-
kommen hier haben, so bleibt das haus des Gottlieb (1845-1918)  mit Barbara Haug (1853-1923) und ihren 4 Kindern: dem Sohn Karl in Stuttgart, der Tochter Anna verh. Kollmar und den Söhnen Gottlob, Bauer, und Gotthilf, Schreiner.


(1955)